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Daoud Nasser

Begegnung in Bergisch Gladbach:"Wir weigern uns, Feinde zu sein"

Datum:
16.05.2024
Veranstaltung mit Daoud Nassar, Bethlehem

Bericht aus dem palästinensichen Friedensprojekt "Zelt der Völker"

Nahe bei Bethlehem findet sich inmitten von Oliven-, Wein- und Obsthainen ein weltweit einzigartiges Projekt: das „Zelt der Völker“ („Tent of Nations“) der christlich-palästinensischen Familie Nassar. Gäste und freiwillige Helfer aus aller Welt erleben hier, wie Konflikte ohne Gewalt, aber auch ohne Unterwerfung angegangen werden können. Unlängst war eine internationale Delegation mit dem ehemaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon vor Ort. 

Das landwirtschaftliche Anwesen wird von den näher rückenden israelischen Siedlungen hart bedrängt. Strom und Wasser sind abgestellt, die Zufahrt ist blockiert, der Bau von Gebäuden verboten. Seit mehr als 30 Jahren kämpft Daoud Nassar (Foto) vor israelischen Gerichten gegen Enteignung und Vertreibung. 

In seinem Lichtbildvortrag beschreibt Daoud, wie es auf seiner Farm weitergeht, wie er sich auf ökologischen Anbau einstellt und was er gegen die drohende Enteignung seines 42 ha großen Familienbesitzes tut. Dabei will er auch auf den Bau von Siedlerstraßen jetzt direkt durch das Areal des „Zelt der Nationen“ aufmerksam machen. Anfang Mai hat Lamya Kaddor, BT-Abgeordnete der GRÜNEN, das Projekt besucht, zum Abschluss seiner Deutschlandreise will Daoud bei einem Termin beim Auswärtigen Amt am 19. Juni unsere Regierung  erneut auffordern, endlich energisch zu handeln. 

Die Nassars geben nicht auf und leben Gewaltfreiheit ganz praktisch im Geiste des Christentums. Ihr Leitsatz, mehrsprachig eingraviert in einen großen Stein gleich am Eingang der Farm, lautet: „Wir weigern uns, Feinde zu sein!“ 

Daoud Nassar ist verheiratet und hat drei Kinder. Er hat in Österreich studiert, in Deutschland gelebt und spricht perfekt Deutsch. Derzeit befindet er sich auf Deutschlandreise und berichtet von seinem Projekt, seinen Gedanken zum israelisch-palästinensischen Konflikt und darüber, was ihn inspiriert.  

Über Daoud Nassar

Nassar ist das zweitjüngste Kind des Palästinensers Bishara Nassar († 1976). Er betreibt mit der Familie im Sinne seines Vaters das christlich motivierte Projekt „Zelt der Völker“ auf eigenem Landbesitz, neun Kilometer südwestlich von Betlehem in dem von Israel besetzten palästinensischen Gebiet des Westjordanlands, umgeben von israelischen Siedlern. Parallel vertritt die Familie seit 1991 ihre durch osmanische, britische, jordanische und israelische Dokumente verbrieften Besitzrechte an ihrem durch die israelischen Siedler rundum bedrängten Grundbesitz vor israelischen Gerichten. Den 42 Hektar großen Weinberg hatte Nassars Großvater, der mit seiner Familie aus dem Libanon zugewanderte christliche Araber Daher Nassar, im Jahr 1916 gekauft.

Nassar verbrachte seine Jugend in Betlehem. Sein Abitur machte er im Jahr 1989 an der evangelisch-lutherischen Schule Talitha Kumi in Beit Dschala. Aufgrund persönlicher Kontakte seines Lehrers zur Bibelschule Schloss Klaus in Oberösterreich besuchte er diese und machte 1991 die österreichische Matura in Kirchdorf an der Krems. Danach kehrte er nach Palästina zurück, studierte Betriebswirtschaft an der Universität Betlehem und schloss mit dem Magister ab. Nach ersten Berufsjahren in Betlehem kam er nach Deutschland und absolvierte in den Jahren 1997/1998 an der Fachhochschule Bielefeld ein Aufbaustudium in „Internationalem Tourismusmanagement“.

Seit seiner Schulzeit engagierte sich Nassar in der Jugendarbeit und arbeitete an verschiedenen Austauschprogrammen mit. So war er Koordinator des schwedischen Projekts „Youth Action Plan for Human Rights“ in Betlehem. Beruflich arbeitete er mehrere Jahre im Bereich Tourismus in der evangelisch-lutherischen Kirche in Bethlehem. Seit September 2000 ist er Leiter des Projekts „Zelt der Völker“, organisiert Jugendtreffen auf seinem Landbesitz und bereist die Welt zu Vortragsveranstaltungen und Spendensammlungen.

Veranstaltungsdaten

Termin: Freitag, 7. Juni 2024, 19.30 Uhr

Ort: Katholisches Bildungswerk, Laurentiusstraße 4-12, 51465 Bergisch Gladbach
Der Eintritt ist frei, Spenden erbeten

Kooperationspartner: Städtepartnerschaft Bergisch Gladbach – Beit Jala e. V.