Sommersemester 2025:Tol'dot & Tarbut
Die Reihe wendet sich nicht an Experten der Judaistik und Religionsgeschichte, sondern möchte einem breiteren Publikum die reiche Geschichte und die unterschiedlichen Strömungen des Judentums jenseits aller Folklore erschließen. Frühjudentum, Frühchristentum und rabbinische Zeit; Reform, säkulares Judentum und moderne Orthodoxie; Kabbala, Chassidismus, Philosophie und Aufklärung, Assimilation und Zionismus, aschkenasisches und sefardisches Judentum bezeichnen Richtungen und Erscheinungen, die nicht zu harmonisieren oder auf ein zeitloses Wesen zu reduzieren, sondern auch in ihren Unterschieden, ja Gegensätzen darzustellen sind.
Es gibt einiges neu und an scheinbar Bekanntem neue Seiten zu entdecken – und schließlich: Auch der christlich-jüdische Dialog lebt nicht nur vom guten Willen der Gesprächspartner, sondern ebenso von deren Wissen.
„Hofjude“ par excellence?
Der kaiserliche Hoffaktor und Rabbiner
Samson Wertheimer (1658 – 1724) und seine Familie
Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts waren die Wertheimers eine der großen europäischen jüdischen Familien. Ihre Geschichte geht zurück auf Samson Wertheimer (1658 – 1724) aus Worms, der zusammen mit seinem Onkel Samuel Oppenheimer (1630–1703) als Geschäftsmann nach Wien kam und schließlich drei Kaisern als »Hoffaktor« diente. In der jüdischen Gemeinschaft war Wertheimer als ungarischer Landesrabbiner, Rabbiner verschiedener namhafter Gemeinden im Heiligen Römischen Reich und als Rabbiner der Habsburger Erblande bekannt, weswegen er auch »Judenkaiser« genannt wurde. Dies war nicht zuletzt so, weil Wertheimer seine Position am Wiener Hof dafür nutzte, sich für die Juden des Heiligen Römischen Reiches einzusetzen. Der Vortrag beleuchtet das Leben Wertheimers und dessen Aufstieg zum kaiserlichen Hoffaktor mit weitreichenden Handelsnetzen und ausgedehnten Familien- und religiösen Netzwerken.
Do 10.04.2025 | 19.00 Uhr
Dr. Mirjam Thulin, New York
Tradition und Synthese
Der Aufbau als Auftrag
1934 von deutsch-jüdischen Nazi-Flüchtlingen in New York gegründet, trug der »Aufbau« als Wochenzeitung mit wachsender Verbreitung wesentlich zu der Entwicklung einer gemeinsamen Identität der Leserschaft bei.
Dazu gehörten die jüdische Tradition, die Erfahrung der Verfolgung, aber auch eine »liberale und demokratische Haltung« im amerikanischen Sinne – so ein Grundsatz-Manifest der Zeitung aus der Kriegszeit. Aus Flüchtlingen wurden so rasch selbstbewusste Amerikaner.
Dieses komplexe Fundament spornt die kleine Redaktion seit der Übernahme durch die JM Jüdische Medien AG in Zürich 2004 zu einem weltoffenen und unternehmungslustigen Journalismus im Sinne der Gründer an.
Di 29.04.2025 | 19.00 Uhr
Andreas Mink, Connecticut
Richard Lichtheim (1885 – 1963)
Zwischen deutscher zionistischer Bewegung und internationaler Diplomatie
Der Berliner jüdische Diplomat Richard Lichtheim vertrat im Laufe seiner politischen Karriere mehrfach die Interessen der zionistischen Bewegung: im Ersten Weltkrieg in Konstantinopel, im Zweiten Weltkrieg in Genf. Dort verstand er als einer der ersten zeitgenössischen Beobachter, dass es sich bei den nationalsozialistischen Massenmorden an den europäischen Judenheiten um ein Verbrechen ungekannten Ausmaßes handelte: um ihre systematische und totale Vernichtung. Die sich wandelnden politischen Realitäten in Europa und Palästina ließen ihn auch seine Vorstellungen eines zukünftigen jüdischen Gemeinwesens mehrfach überdenken. Andrea Kirchner beleuchtet anhand seiner Biografie verschiedene politischen Strömungen innerhalb der zionistischen Bewegung sowie die Herausforderungen jüdischer Diplomatie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Do 22.05.2025 | 19.00 Uhr
Dr. Andrea Kirchner, Frankfurt/M.
Leonard Cohens Stimme
Der Vortrag wird den vielfältigen jüdischen Bezügen im Werk des Autors, Singer, Songwriters und Superstars Leonard Cohen nachgehen.
Von den ersten Songs bis zum Alterswerk war das Judentum für Cohen zentral, sei es biografisch und historisch oder als Texttradition. Bibel, Kommentarliteratur und Liturgie waren Cohen gut vertraut und er nutzte diese Texte als poetischen Referenzrahmen.
Mit einem Blick auf Cohens Selbst-Inszenierungen als Prophet und Priester des Pop wird auch der Funktion von Cohens spezifischer Stimme analysiert und danach gefragt, was etwa der Einsatz des Synagogenchors auf dem letzten Album »You want it darker« zu bedeuten hat.
Di 24.06.2025 | 19.00 Uhr
Dr. Caspar Battegay, Basel
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Veranstalter
Katholisches Bildungswerk Bonn; Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonn; Evangelisches Forum Bonn; Deutsch-Israelische Gesellschaft Bonn; Gedenkstätte Bonn; Lehrhaus / Lehrhaus/Beit Midrasch (CTSI); Seminar für Liturgiewissenschaft und Seminar für Religionspädagogik der Katholisch-Theologischen Fakultät, Universität Bonn; Studium universale der Universität Bonn.