»Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht!«
Ohne Ehrgeiz und Eile! Pikler-Pädagogik in Eltern-Kind-Kursen
Viele Eltern suchen nach der Geburt ihres Kindes Hilfestellungen, wünschen Anregung und Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern an einem Ort, der auch für ihr Baby gut ist. Eltern-Kind-Kurse sind hier das passende Format: Sie bieten Elternbildung und Kleinkindpädagogik in Kombination, ermöglichen »Wohlfühlzeiten« für Eltern und Kinder.
Was braucht ein Kind für seine Entwicklung? Wie geht Erziehung durch Beziehung? Was ist für die solide Bindungsentwicklung meines Kindes wichtig? Diese und andere Fragen werden vielerorts in Eltern-Kind-Kursen aufgegriffen.So tragen Eltern-Kind-Kurse dazu bei, dass Eltern gelassener sein können, und das Leben mit ihren Babys und Kleinkindern Freude macht – weil sie sich fachlich begleitet wissen und den Austausch mit anderen Eltern finden. Das ist genau das, was in der frühen Familienphase gebraucht wird.
In vielen Gemeinden vor Ort sind es daher die Kinderwagen und Babyschalen, die dasBild der Elternbildung über lange Zeit prägten. Vor Ort wird auch oft umgangssprachlich von »Krabbelgruppe« oder »Spielgruppe« gesprochen. Das ist – vom Inhalt her gedacht – nicht falsch. Warum wir im fachlichen Sinne aber bevorzugt den Begriff der „Eltern-Kind-Kurse“ verwenden, wird sich im Folgenden erklären.
Ohne Ausbildung geht es nicht! Konzeptionsgestützte Eltern-Kind-Kurse
In altershomogenen Gruppen ab dem ersten Lebensjahr bieten unsere Kurse Eltern in wöchentlichen Treffen Anregung und Austausch – und das im Beisein der Eltern und für das gesunde Gedeihen des Kindes. Ein Format, das besser kaum sein könnte. Wichtig ist unseren Eltern-Kind-Kursleiterinnen, »ihren« Eltern zu vermitteln, schon den Säugling als eine Person zu sehen, dessen Signale und Initiativen zu achten und einzubeziehen sind. Das braucht einen geschulten Blick und viel Hintergrundwissen. Dabei folgen unsere Kurse einem von Emmi Pikler entwickelten reformpädagogischen Ansatz, der einen respektvollen Blick auf das Kind hat und viele Eltern zu begeistern versteht.
Was ist nun mit »Pikler-Kursen« gemeint?
Je nach Alter des Kindes – und wenn es vor Ort möglich ist – bieten wir die Piklerkurse in zwei altersgemäßen Varianten an, um die Entwicklung des Kindes bestmöglich zu begleiten: »Das erste Lebensjahr« und »Das zweite und dritte Lebensjahr«.
Emmi Pikler hat den Blick dafür geschärft, dass Kinder sich schon vom ersten Lebenstag an mitteilen und entwickeln wollen. Die Pikler-Pädagogik lässt die Eltern erfahren, wie das Kind besonders im ungestörten Spiel und durch freie Bewegung seine Umwelt entdeckt und seine Fähigkeiten erweitert. Voraussetzung dafür ist eine sichere Beziehung zum Erwachsenen, körperliches Wohlbefinden und eine Spielumgebung, die zum Aktivsein einlädt. Das alles finden Babys und Kleinkinder ganz besonders in den Pikler-Eltern-Kind-Kursen. Im ersten Lebensjahr wird den Eltern neben dem Basiswissen über Bewegungsentwicklung und altersgemäßes Spiel auch vermittelt, wie wichtig die täglichen Pflegesituationen für die Kommunikation und Bindung sind.
Ein weiteres Kursmodell: Kidix
In den Kidix-Eltern-Kind-Kursen ist das reformpädagogische Element auch enthalten, wenn auch etwas weniger nach vorne gestellt und auf die Pflege in den ersten Lebensmonaten bezogen. Das Kidix-Modell wurde vor allem entwickelt, um in den Bildungseinrichtungen der Bistümer des Landes NRW, die alle verschiedene Eltern-Kind-Kurse anbieten, einen gemeinsamen Standard zu haben.
Für alle Kursmodelle gilt die reformpädagogische Erkenntnis, dass Ehrgeiz und Eile nicht die geeigneten Methoden sind, ein Kind gesund aufwachsen zu lassen. Denn Eltern fühlen sich manchmal gedrängt, möglichst viel mit ihrem Kind zu tun, damit es früh lernt. »Doch das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht«, weiß schon ein afrikanisches Sprichwort. Eile und Entwicklungs-Wettbewerb finden in den Eltern-Kind-Kursen des Katholischen Bildungswerkes in den Kölner Pfarrgemeinden nicht statt. Hier bekommt jedes Kind genau die Zeit, die es braucht. Das ist das Besondere.
Nicht zu unterschätzen: Die Gestaltung des Raumes
Die Gestaltung des Raumes ist ein wichtiges Merkmal dieser Kurse. Dazu gehört die selbstanregende Kinderecke und der Halbkreis für die Eltern, die den Kindern zugewandt bleiben. Beides gehört zusammen, und entspricht den Aspekten »Bindung« und »Exploration«.
An manchen Orten unterstützt das Kath. Bildungswerk die Spielraumausstattung mit der »SpielTasche« (mit Spielzeug in der Pikler-Tradition) oder dem »PiklerMobil«, einem Material- und Spielwagen. Beide Elemente wurden von unseren praxiserprobten Kolleginnen und Kollegen (mit-)entwickelt.
»Wir kennen uns schon seit dem Eltern-Kind-Kurs!«
- das ist immer wieder von Eltern zu hören, denn die Kontakte der Mütter und Väter und ihrer Kinder bestehen oft über viele Jahre weiter.
Der Gewinn für Eltern, an Eltern-Kind-Kursen teilzunehmen, liegt auf der Hand. In der Kontinuität der Treffen (i. d. R. über 1 - 2 Jahre) liegt die besondere Chance, Erziehungs- und Entwicklungsfragen des Kleinkindalters im Schutz der vertrauten Gruppe zu besprechen. Gerade in den ersten Lebensjahren des Kindes wissen junge Eltern die Kontinuität und Professionalität der Begleitung zu schätzen – in einer Familienphase, in der sie besonders viel Information und hilfreiche Netzwerkbildung brauchen.
Auch für die Kinder selbst ist der Eltern-Kind-Kurs geradezu unverzichtbar. Immerhin machen sie in unseren Eltern-Kind-Kursen oft die ersten sozialen Erfahrungen mit Gleichaltrigen und erleben Anregung und Förderung durch eine altersgemäß vorbereitete Spielumgebung, die zu selbstständiger Erkundung ermuntert. Voller Freude und Neugier erleben sie das fließende Gleichgewicht von Bindung und Exploration im geschützten Raum.
Aus der Sicht einer EKK-Leiterin: Was den Eltern und Kindern richtig Freude macht
Die größte Freude für die Kinder dürfte das Selbermachen sein. Im Kurs dürfen sie sich ausprobieren! Sie dürfen in Ruhe beobachten, selber klettern, Gegenstände in allen Richtungen ohne Zeitdruck untersuchen ... Kinder genießen sehr das freie Spielen, selbst Babys spüren, was es heißt es, über sich selbst bestimmen zu dürfen.
Besondere Momente für die Eltern sind, wenn sie es schaffen, sich zurückzunehmen und zu erleben, wie das Gesicht ihres Kindes aufleuchtet, wenn es ganz eigenständig etwas Neues schafft. Diese Erfolgserlebnisse sind nur möglich, wenn sie im Beisammensein mit vertrauten Personen und sicherer Umgebung sich selbst ausprobieren dürfen.
Diese besondere Atmosphäre des Angenommenseins zu schaffen - die Eltern mit ihren Sorgen, aber auch ihrem Stolz und Freude auf der einen Seite, die Kinder mit ihrer ganz eigenen Persönlichkeit und Lernrhythmus auf der anderen Seite, halte ich für eine der wichtigsten Aufgabe als Kursleiterin.
Iris Mombartz, langjährige Pikler-Kursleiterin in Holweide und Dellbrück
Ein Engel für die Kinder - Segnungsgottesdienste für die Eltern-Kind-Gruppen
In einer Gemeinde im Kölner Westen hat die Pandemie einen positiven Impuls für die Eltern-Kind-Kurse gegeben. Weil sich ihre Kurse im ersten Lockdown plötzlich nicht mehr treffen konnten, wollte die Kursleiterin den Kindern und Eltern am Ende des Halbjahres doch noch einen gemeinsamen Abschluss ermöglichen. Sie bat den Pfarrer der Gemeinde, mit Kindern und Eltern einen kleinen Gottesdienst zu feiern. Gottesdienste waren erlaubt, die Kirche bot ausreichend Platz für die kleine Gruppe.
Alle kamen zusammen und erlebten mit dem Pfarrer in der Kirche ein frohes Zusammensein. Dies blieb in so guter Erinnerung, dass die Gruppenteilnehmer/innen kürzlich nach einer Wiederholung fragten. So fand zu Beginn der Sommerferien ein kleiner Segnungsgottesdienst für zwei Eltern-Kind-Kurse statt; der Pfarrer schenkte jedem Kind einen kleinen Engel.
Diese zunächst aus der Not geborene Idee zeigt, wie Eltern-Kind-Kurse nicht nur erster Anlaufpunkt für Familien in der Gemeinde sind, sondern auch mit einfachen Ideen in pastorales und liturgisches Leben eingebunden werden können. Kinder und Eltern erleben sehr persönlich die Heilszusage Gottes und erinnern sich an diesen frohen Moment in der Kirche.
Hildegard Deisting, Kidix-Eltern-Kind-Kursleiterin
📍 Hinweis für interessierte Eltern
Falls Sie Interesse haben, mit Ihrem Kind einen Eltern-Kind-Kurs in der Nähe zu Ihrem Wohnort zu besuchen, möchten wir Ihnen empfehlen, möglichst frühzeitig mit Ihrer Pfarrgemeinde vor Ort oder dem Katholischen Bildungswerk Köln in Kontakt zu treten. Sofern es in Ihrer Pfarrgemeinde noch keinen Eltern-Kind-Kurs geben sollte, können Sie mit dem Katholischen Familienzentrum vor Ort (oder der Pfarrgemeinde) in Verbindung treten. Oder wenden Sie sich vertrauensvoll an: