Was ist Aufklärung
Fortschritt: Hoffnungsträger und Fetisch
Seit Vico erscheint Geschichte als ein Projekt, das von Menschen veranstaltet und von Gott indirekt gelenkt wird. Im Laufe des 18. Jahrhunderts tritt die Vorstellung, Geschichte stehe unter einer göttlichen Leitung, mehr und mehr zurück: Die Menschen „machen“ Geschichte – for better or worse – selbst. Turgot und Condorcet betrachteten die menschliche Geschichte insgesamt unter dem Kriterium des Fortschritts, der keinem Automatismus unterliegt, wohl aber einem Zweck, den die Menschen bestimmen: „Der Mensch“, heißt es bei Condorcet, „muß … in vollkommener Freiheit seine Fähigkeiten entfalten, über seine Reichtümer verfügen und seinen Bedürfnissen nachkommen können.“ Die Erwartungen an den geschichtlichen Fortschritt erlitten angesichts der Katastrophen des 20. Jahrhunderts, schwere Rückschläge. Sie lassen sich kaum zu bedauerlichen Unfällen auf dem Weg zum Ziel verharmlosen. Eurozentrische Engführungen belasten das Projekt nicht minder. Ist der Fortschrittsbegriff noch aktuell – und wenn ja, wie lässt er sich kritisch reformulieren?
Reihe: Was ist Aufklärung?
Kooperation: Ev. Forum
Do 10.10.2024 │ 19.00 Uhr s.t.
Prof. Dr. René Buchholz, Bonn
Online-Veranstaltung; Anmeldung über externen Zoom-Link:
Émilie du Châtelet (1706-1749): Erneuerin der Philosophie
Emilie Du Châtelet (1706-1749) war wohl eine der erfolgreichsten Frauen in ihrer Epoche, erfolgreicher als zahlreiche ihrer Kollegen in Physik, Mathematik und Philosophie. Sie fordert eine Wissenschaft, die über Ländergrenzen hinweg und unabhängig von nationalen Interessen realisiert wird und sie zeigt deutlich auf die Idolatrien, von denen auch die Philosophie nicht frei ist. Mit dem Hinweis, dass kein Mensch alles weiß, verweist sie auf die Fehler des Aristoteles und Newtons. Neben zahlreichen Publikationen und ihrem Hauptwerk, der Naturlehre, übersetzt sie Newtons Principia ins Französische. Mit ihren Überlegungen über das Verhältnis von Astronomie und Philosophie formt sie eine neue Idee der Wissenschaft. Ihr Einfluss auf Kant ist unbestritten, ihre Kritik an der Bibel ein Plädoyer für Vernunft und Wissenschaft.
Achtung: Dieser Vortrag muss verschoben werden, ein neues Datum steht noch nicht fest!
Reihe: Was ist Aufklärung?
Kooperation: Evangelisches Forum Bonn
Mo 14.10.2024 │ 19.00 Uhr s.t.
Prof. Dr. Ruth Hagengruber, Paderborn
Online-Veranstaltung; Anmeldung über externen Zoom-Link:
Blinde Flecken in Kants Selbstzweck-Formel des Kategorischen Imperativs: Was bedeutet es, jemanden nicht als Zweck an sich selbst zu behandeln?
Ziel des Vortrags ist es, ein differenzierteres Verständnis für den "negativen" Teil der Selbstzweck-Formel zu entwickeln. Was bedeutet es, andere nicht als Zweck an sich selbst zu behandeln? Auf den ersten Blick könnte man meinen, dies bedeute, andere als bloße Mittel zu behandeln, und in der Tat hat sich die Kant-Literatur hauptsächlich auf diese Art von Fehlverhalten konzentriert. Aber es gibt noch weitere Kategorien von moralischem Fehlverhalten, die durch das Instrumentalisierungsverbot nicht erfasst werden. Wenn wir jemandem in Not, dem wir leicht helfen könnten, nicht helfen, sondern ihn einfach ignorieren, dann behandeln wir ihn nicht als bloßes Mittel für unsere eigenen Zwecke, wir behandeln ihn aber auch nicht als Selbstzweck. Man könnte sagen, dass wir ihn wie eine irrelevante Sache behandeln. Und wer jemanden, der ihm im Weg steht, einfach aus dem Weg räumt, behandelt ihn weder als bloßes Mittel noch als irrelevante Sache und auch nicht als Selbstzweck, sondern als bloßes Hindernis. Im ersten Teil des Vortrags werden wir die Bedeutung der Unterscheidung zwischen (1) der Behandlung oder Betrachtung einer Person als Mittel, (2) als irrelevante Sache oder (3) als Hindernis erläutern. Diese Unterscheidungen können als Unterkategorien des "Sache"-Teils der Person-Sache-Unterscheidung betrachtet werden, die in Kants Ethik eine zentrale Rolle spielt und die das Thema des zweiten Teils des Vortrags ist. Im dritten Teil werden wir allerdings sehen, dass die Unterscheidung zwischen Selbstzweck oder Personen einerseits und Sachen andererseits eine wichtige Art von moralischem Fehlverhalten noch nicht erfasst: Wir können andere als negative Zwecke behandeln. Das ist dann der Fall, wenn die Schädigung anderer der eigentliche Zweck unseres Handelns ist.
Reihe: Was ist Aufklärung?
Kooperation: Evangelisches Forum
Di 05.11.2024 │ 19.00 Uhr s.t.
Prof. Dr. Corinna Mieth, Bochum
Online-Veranstaltung; Anmeldung über externen Zoom-Link: